“Entropy Crisis”

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Ja, es ist schon wieder passiert.

Ich bin mal wieder auf ein Paper (doi:10.3390/e15062210) mit dem überschönten Titel “Entropy Harvesting” reingefallen. Nichts als heiße Luft, gefiltert durch Osmose-Membranen und verziert mit Gummibändern. Aber ein interessanter Absatz, ganz am Anfang ist gefallen, den ich hier mal festhalten möchte.

The concept of “entropy harvesting” is inspired mainly by ideas put forward by Professor Guy Deutscher in the book “The Entropy Crisis”. G. Deutscher stated that mankind today actually faces an “entropy crisis” and not an “energy crisis” as it is commonly supposed [8]. It takes humanity more and more energy in order to sustain an increasingly ordered environment produced by people. I quote: “What is called an energy crisis is actually an entropy crisis. It has two aspects that cannot be dissociated. The first is that the amount of energy needed to keep the entropy decrease in check may surpass the energy actually available. The second is the increasing pollution of the environment at the level of biosphere. It is precisely because we are dealing with an entropy crisis that these aspects are so intimately connected” [8].

Ich kriege diese Gleichstellung von Energiekrise = Entropiekrise aber nicht ganz in meinen Kopf. Biologische Systeme sind um einiges komplizierter als unsere Technologischen und trotzdem kommen sie ganz ohne Erdöl aus. Unsere Systeme sind im Vergleich dazu einfach nur größer/klobiger und ineffizient beyond scale. Also warum sollten wir nicht auch unser bisschen Komplexität erhalten können?

Optische Kameras könnten Gedanken lesen!

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Ich musste sofort an die Bladerunnerszene mit dem Augen-Closeup denken und dass das eigentlich alter Käse ist aber dann wurde mir klar, dass es damals nur um Lügendetektion ging und die nächste Generation von Google Glas mit heutigen Technologien schon bald genau das realisieren könnte.

Diesem Paper zufolge ist es (theoretisch) möglich allein durch Augenbewegungen die Aufgabe und den Geisteszustand eines Menschen zu erkennen.

Sie haben Probanden 4 verschiedene Aufgaben („reading, pseudo-reading, searching scenes, or memorizing scenes“) durchführen lassen und auf derem rechten Auge die sog. Sakkaden und Fixierungen mit einer speziellen Kamera erfasst.

Eye movements were recorded via an SR Research Eyelink 1000 eye tracker (spatial resolution 0.01u) sampling at 1000 Hz.

Zugegeben, die Kamera klingt schon ein wenig unpraktisch für den Alltagsgebrauch und die Köpfe der Probanden waren fixiert aber je nach Datensatzgröße (und Geisteszustand!) hatten sie damit Erfolgsquoten von bis zu 80%, verglichen mit einer 25 prozentigen Chance durch einfaches Erraten der Aufgabe.

These results strongly suggest that eye movements are systematically influenced by the task that a person is engaged in, and by extension, by their cognitive state.

From a practical standpoint, successful classification opens the door to using eye movements as a passive input source for human-computer interfaces and other applications that react to the user’s cognitive state.

Wenn man bedenkt, dass es da noch ein paar mehr unbewusste(!) Augenbewegungen und Reaktionen gibt, die man berücksichtigen könnte, dann finde ich diesen Titel gar nicht mehr so übertrieben. Auch wenn das Paper nur in die kognitive Richtung mutmaßt.

Google Glas hat heute schon ein Gyroskop und eine Frontkamera. Damit kann man Rückschlüsse auf die Körpersprache schließen und die Ergebnisse des Algorithmus mit der Realität abgleichen.

Wenn dazu noch ein paar mehr Sidechannels  kommen (Stimmlage, Kreislauf, Reaktionzeit und natürlich der Kontext deiner Handlungen, etc.) und auch wenn Google noch so stark beteuert, aus Respekt vor deiner Privats– Intimsphäre kein EEG in die Brillenbügel gepackt zu haben, man wird mich nicht so schnell davon überzeugen können, Google meine körperbezogenen Daten anzuvertrauen und dass man daraus nicht mindestens ein erschreckend präzises Psychogramm fertigen kann. Ich glaube, dass könnte der Privacy-Skandal der Zukunft werden, denn anwenden wird es sicher irgendwann, irgendwer.

… neuronal angepasste Werbung, um deine maximale Aufmerksamkeit zu bekommen oder umgekehrt, immer genau dann eingeblendet wenn “Du” gerade nicht so rational unterwegs bist.

Tu jetzt nicht so lässig, dir hat beim lesen wahrscheinlich eine Kamera zugeschaut.